Befestigungstechnik

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Nur selten stehen im Altbergbau sichere Seilaufhängungen unaufgefordert zur Verfügung, zum Beispiel Schienen, welche länger sind als der Schachtmund breit ist, oder festgegangene Bohrgestänge, oder solide Bohrpfeifen. Andernfalls muß sich der Befahrer selbst helfen.

Aufhängungen gleich welcher Art werden prinzipiell im standfesten, sicheren Gestein gesetzt. Platten und Blöcke mit Neigung zum Lösen von der Wand verraten sich durch dumpfe Töne beim Anschlagen. Ungeeignet ist auch die Gangzone, durch das inhomogene Material entstehen viel leichter Sprünge und Risse als im Nebengestein. Setzt man zwei Befestigungen, dann müssen diese natürlich auch einen gewissen Abstand haben und nicht im selbem Block oder der selben Kluft sitzen.

Standardbefestigung in der Höhlen- wie Altbergbauforschung sind die Spits. Korrekter Weise müßte man Selbstschlagbohrdübel oder so ähnlich sagen, denn Spit ist eigentlich der Name der französischen Herstellerfirma, die noch eine ganze Reihe anderer Befestigungstechnik produziert. Damit ist auch der Weg gezeigt, den Speleohandel zu umgehen - über gut sortierte Normteilehändler bezieht man sie in 100er Paketen günstiger. Eigentlich sind es Wegwerf- ronbohrer.
Man schraubt den Spit auf den Spitsetzer auf (je nach Leidensfähigkeit der Hände den mit oder den ohne Handschutz), hält ihn an den Felsen und gibt ihm einen leichten Schlag auf den Hinterkopf. Dann wird ein Stück weitergedreht (im Uhrzeigersinn, damit sich der Spit nicht lockerdrehen kann, dann würde das Gewinde beschädigt). Nächster Schlag - wieder leichte Drehung. So kommt man mit etwas Geduld zu einem schönen runden Loch. Zwischendurch muß das sich ansammelnde Bohrmehl aus dem Spit und dem Bohrloch entfernt werden, sonst geht es nicht weiter. Aus dem Spit bekommt man es durch herausschütteln oder durch sanftes Klopfen, aus dem Bohrloch durch herausblasen - Augen zu! Pfiffige und Ordnungsliebende haben ein Stück Benzinschlauch dabei, mit dem man das Loch bequem ausblasen kann. Bei manchem Gestein und feuchter Atmosphäre kommt man aber ohne Nagel zum Auspuhlen (Korkenzieher des Taschemessers, was auch immer) nicht weiter, wenn das Bohrmehl hartnäckig überall klebt. Entfernt man das Bohrmehl nicht, gibt’s auch keinen Vortrieb mehr, die Krone des Spit wird aufgetrieben und das Loch größer, als es für einen ordentlichen Sitz des Spit gut ist.

Der Spit wird so tief eingeschlagen, daß die anschließend zu montierende Spitlasche plan auf dem Felsen aufliegt und dabei keine Distanz zwischen Spit und Lasche mehr besteht, weiterhin muß der Keil möglichst weit in den Spit eingetrieben werden. Empfohlen wird, das Loch so tief zu bohren, daß es etwa 1,5 mm tiefer ist als der Spit lang, die meisten Spitsetzer haben eine entsprechende Markierung. Ist die Auflagefläche für die Spitlasche nicht völlig plan, bohrt man das Loch bündig zum Spit. Er steht dann etwas vor (maximal 1,5 mm!), das ist günstiger als wenn eine Distanz zwischen Lasche und Spit bestehen bliebe und er durch die Schraube und die Lasche auf Zug belastet würde. Wenn am Anfang ein kleiner Krater durch ausbrechendes Gestein enstanden ist, ist das nicht weiter schlimm. Er sollte jedoch nicht tiefer als maximal 2 mm sein, sonst sollte man lieber ein neues Loch setzen.

Es versteht sich von selbst, daß man vorher die Gesteinsoberfläche von losen Oberflächen befreit hat und an der Auflagestelle der später draufzuschraubenden Lasche eine plane Fläche geschaffen hat. Gut gelingt das mit bereits aufgesetztem Spit. Kommen einem dabei schon Schalen von 2 cm Dicke entgegen, setzt man den Spit lieber an einer anderen Stelle. Das Bohrloch muß senkrecht zur geschaffenen Auflagefläche und diese parallel zur späteren Belastungsrichtung der Aufhängung sein, da der Spit auf Zug nicht belastbar ist. Zwar kann man in den meisten Fällen im sächsischen Gneis einige Belastbarkeit auf Zug annehmen, aber eben nicht immer.

Ist das Loch gebohrt, wird der Keil in den Spit eingesetzt, mit einem leichten Hammerschlag fixiert, dann der Spit samt Keil wieder ins vorher ausgeblasene Bohrloch gesteckt und festgeschlagen. Der Keil treibt den Spit hinten auf (es sind spezielle Sollbruchstellen eingearbeitet, die eine weite Spreizung erlauben) und verankert ihn so im Fels. Diese Verankerung ist wie gesagt nur eine Lagesicherung, die Kraft wird auf Scherung und nicht auf Zug aufgenommen. Das Setzen eines Spit dauert zwischen zehn und zwanzig Minuten.

Einen ideal sitzenden Spit zeigt Abbildung 155. Diverse unbrauchbare, weil fehlerhafte Spits zeigen die Bilder in Abbildung 156. In Abb. 2 sitzt der Spit nicht tief genug, damit wird der tragende Teil verkürzt und es besteht das Risiko des Ausbruchs, da die Belastung statt als Scherkraft als Biegemoment wirkt. In Abb. 3 dagegen sitzt der Spit zu tief, dadurch wird durch die Schraube über die aufliegende Lasche eine zusätzliche Zugkraft ausgeübt und es besteht die Gefahr des Ausziehens, zudem wird die Schraube wiederum auf Biegung statt auf Scherung belastet, wodurch das Risiko eines Schraubenbruchs steigt. Abb. 4 zeigt einen Spit, welcher in einer Vertiefung sitzt, Risiken und Nebenwirkungen wie Abb. 3. Ähnlich in Abb. 5, es hat sich ein tiefer Ausbruchskrater am Bohrlochanfang gebildet, Risiken ebenfalls wie in Abb. 2. Der Spit in Abb. 6 ist beschädigt (ausgebrochen oder gesprungen) und die Gewindegänge sind nicht mehr belastbar, somit kann die Schraube leicht herausfallen. Abb. 7 schildert die Verhältnisse bei zu groß gebohrtem Loch (passiert beispielsweise bei Verwendung eines bereits an der Krone verformten Spits), die Klemmwirkung ist unzureichend und der Spit kann herausfallen. In Abb. 8 sitzt der Spit nicht senkrecht, beziehungsweise die Lasche nicht parallel zur Wand, dadurch kann die Plakette nicht tief genug eingeschraubt werden, oder bringt Biegespannungen auf, zudem wird die tragende Länge des Spit wird vermindert. In Abb. 9 hat ein eifriger Bohrwurm das Loch zu tief gebohrt, was dazu führt daß der Spit nicht genug gespreizt wird und nicht sicher im Loch sitzt. Abb. 10 zeigt, was passiert wenn man unter Tage säuft: Prima Sprit statt prima Spit - alles schon dagewesen! Die Abb. 1-8 sind nach nach Weber, D. in [5], S.17ff., gezeichnet.

Weitere, beliebte Probleme bei der Verwendung von Spits:

  • Im harten Gestein brechen die Bohrzähnchen leicht aus oder werden stumpf. Im Kalk passiert das eigentlich nie, im Gneis oder gar Syenit kann man auf diese Weise für ein Loch leicht zwei oder drei Spit verbraten. Ist die Krone im Eimer, lohnt es sich nicht, auf dem Stummel weiter herumzuhauen, man muß schon zum nächsten greifen. Im Zweifelsfalle probiert man besser ein Stück daneben. Gegen Quarz sind Spit machtlos.
  • Nach dem Einschlagen kontrolliert man den Spit auf Risse, die durch Materialfehler von den Sollbruchstellen ausgehend den ganzen Spit bis vorn aufreißen können und so der Schraube die Chance geben, das Gewinde unaufgefordert zu verlassen.
  • Breiten sich nach dem Einschlagen spinnenwebförmige Risse um den Spit aus, ist er ebenfalls unbrauchbar.
  • Bei als unbrauchbar erkannten Spit zerschlägt man das Gewinde und verdeckt sie durch Dreck. Man sieht sich auch die von Fremden geschlagenen Spit vor der Benutzung genau an und probiert auch mal auf Zug, um Kandidaten wie in (Abbildung 156, Abb.10) auszusortieren.

Hat man eine Akkubohrmaschine zur Verfügung, ganz Harte können auch mit einem Steinbohrer hantieren, kann man längere Löcher bohren und mit den verschiedenen handelsüblichen (Speleokatalog oder Normteilehandel, nicht Baumarkt!) Schrauben und Dübeln tiefer sitzende, also sicherere und auch auf Zug belastbare Aufhängungen schaffen. Speziell in oft befahrenen Schächten ist das eine lohnende Mühe. Von der Sicherheitsseite her am besten geeignet sind Klebeanker, da diese den Felsen nicht zusätzlich zur Traglast mit weiteren Spannungen belasten, die von allen anderen kraftschlüssig arbeitenden Befestigungssystemen zwangsläufig ausgehen. Man muß lediglich die Aushärtezeiten beachten, die von den Herstellern gern optimistisch bei Sonneneinstrahlung und 30°C Felstemperatur angegeben werden und die im kühlen Bergwerk erheblich größer sind. Ebenfalls empfehlenswert sind nichtrostende Spreizdübel, bei denen die Spreizwirkung nicht von der Tiefe des Bohrlochs abhängt. In aller Deutlichkeit muß jedoch gesagt werden, daß eine Akkubohrmaschine kein Allheilmittel ist und ganz schnell zum Pfusch verleiten kann. Auf folgende Punkte sei hingewiesen:

  • Man hat mit der Bohrmaschine kein Gefühl für den Untergrund. Im Gegensatz zum Setzen mit Hand kann man auch in den mistigsten Fels ein rundes Loch bohren, ohne mitzubekommen, daß beispielsweise der Gneis an dieser Stelle schon völlig zersetzt ist. Doppelte Vorsicht bei der Untersuchung des Untergrundes ist notwendig. Auch die Möglichkeit, schnell mal 3 bis 4 halbgewalkte Aufhängungen statt einer sauberen zu setzen (eine wird schon halten), ist nicht gerade sicherheitsförderlich.
  • Bohrt man Löcher für Spit, so darf man diese nicht bis zur Endtiefe mit der Bohrmaschine fertigstellen, sondern muß die letzten 2, 3 mm per Hand nacharbeiten. Erstens ist sonst durch den Winkel an der Bohrerspitze nicht gesichert, daß der Keil weit genug in den Spit eingetrieben werden kann, zweitens ist man sich nie über die Tiefe des Bohrlochs so sicher wie für einen ordentlichen Spit erforderlich.
  • Auch die beste-tiefste-dickste Aufhängung kann in einer Platte sitzen, die sich schon lange aufs Abgehen freut – es sind grundsätzlich zwei Aufhängungen für eine sichere Seilbefestigung erforderlich!

Sowohl auf Spits wie auf andere Dübel werden Laschen aufgeschraubt, an denen das Seil befestigt wird. Bei Spits ist darauf zu achten, daß die Schrauben nicht zu lang werden (am besten Laschen gleich komplett mit Schraube kaufen), damit der Keil nicht wieder ausgedrückt wird. Es gibt Laschen in verschiedenen Formen, die je nach Lage des Spits zur Seilzugrichtung eingesetzt werden. In die Blechlaschen kann das Seil nur mittelbar über einen Karabiner eingehängt werden, in größter Not mit einer Bandschlinge, da es für den geringen Biegeradius nicht ausgelegt ist. Es gibt auch Laschen (Clowns), die einen direkten Seileinbau erlauben, und Aufhängungen in Ringform.

Die Laschen werden nur handwarm festgeschraubt, da auf eine richtig „angebrummte“ Schraube zusätzlich zur Belastung durch das Seil noch die interne Zugspannung wirkt, sie kann leichter brechen. Zudem kann sich bei sehr fest sitzender Schraube die Lasche nicht entsprechend der Belastungsrichtung ausrichten und bringt ein Drehmoment als ebenfalls zusätzliche Belastung auf die Aufhängung auf.

Eine schnelle Alternative zum Bohren sind Felshaken (Fichtelhaken und Normalhaken), wie sie im Alpinismus zur Sicherung verwendet werden. Auch im Altbergbau haben sie ihre Spezialstrecke beim Sichern im Kletterfall. Für stationäre Abseilstellen sind sie einfach zu unsicher. Da beim Aufstieg speziell in Tonnlägern das Seil immer wieder be- und entlastet wird, haben Felshaken optimale Bedingungen, um sich loszurütteln. Eingeschlagen werden die Felshaken in solide Risse im Anstehenden, hinter Lösern oder mit Letten in Drusen eingeklebt sind sie deplaziert. Noch wichtiger als bei den Spit ist bei Felshaken die Kontrolle, daß in keinem denkbaren Fall die Seillast auf den Haken ausziehend wirkt. Der Haken muß beim Einschlagen „singen“. Das klingt technisch und für den Anfänger geheimnisvoll, aber wer einen Hammer halten kann, erkennt auch, wenn der Haken richtig angezogen hat und sitzt. Trotz aller Vorsicht wird man bemerken, daß auch sauber geschlagene und vor der Belastung einwandfreie Haken nach Abseilen und Aufstieg plötzlich ganz leicht aus ihrem Ritz wieder hinausspringen.

Wenn gar nichts hält, weil die Stöße auf dutzende Meter nur aus zersetztem Gestein bestehen, muß man entweder einen richtig tiefen Klebeanker bis ins solide Gestein bringen, wobei das Loch gut einen Meter lang sein kann muß (sein müssen kann? kann werden muß? Nußmus!). Alternativ kann man ein Gerüstrohr oder ein Stück Schiene (am besten aus einem Mundloch sägen) über den Schachtmund legen, so daß es auf beiden Seiten sicher auf dem Anstehenden ruht. Auch eine Schraubspreize oder ein Gerüstfuß ist eine sichere Aufhängung, wenn man ihn gut in Bühnlöcher einsetzen kann. Auf derartigen Aufhängungen muß man das Seil gegen seitliches Verrutschen sichern, das kann man einfach mit einer Bandschlinge wie in Abbildung 157 bewerkstelligen. Das Prinzip ist das gleiche wie beim Prussikknoten, auch hier kann man mit einer weiteren Umschlingung den seitlichen Halt der Schlinge verbessern.