Bergbauhistorische Dokumentationen
Ziel bergbauhistorischer Forschung ist die Dokumentation vorhandener Spuren des Bergbaus in jeder Form. Dabei wird sollen diese Spuren möglichst im Originalzustand verbleiben, um dem vielleicht erweiterten Horizont eines nachfolgenden Forschers dasselbe Material zur Verfügung zu stellen und nicht nur Muster ohne Wert. Der Schwerpunkt der Forschung liegt infolgedessen nicht in der Ausgrabungs- und Sammeltätigkeit, wodurch eben diese Zerstörung von Spuren eintritt, sondern in detaillierter Beschreibung und Auswertung des Vorgefundenen, ohne dessen Zustand zu beeinflussen. Das hat natürlich seine Grenzen und es wäre unzweckmäßig, beispielsweise eine gerade noch leserliche Holztafel an einer Stelle verrotten zu lassen, die absehbar niemand mehr erreichen wird. In einem solchen Fall ist eine Bergung angebracht, allerdings im oben genannten Sinn mit genauer Beschreibung des Fundzustandes, der näheren Umstände, Lageangabe, Foto und so weiter.
Inhalt und Form der Dokumentation
Was soll eine Dokumentation enthalten? Möglichst viel, denn gerade aus der Kombination verschiedener Dinge kann man Rückschlüsse ziehen, und etwas im Moment für einen selber unbedeutend Erscheinendes fehlt vielleicht einem anderen, der gerade über einer systematischen Untersuchung zu diesem Problem sitzt und nicht alle fraglichen Gruben selbst bekrauchen kann. Von bergbauhistorischem Interesse sind zum Beispiel:
- Bergbautechnologie
Gangauffahrung: Profil, Vortriebsart (geschlägelt, geschossen, feuergesetzt, Kombinationen, ...), Vortriebsrichtung, auf einem Gang oder als Querschlag getrieben; Schächte: Art (Stufenschacht, abgesetzter Schacht, Tages- oder Blindschacht, ...), Profil, Einrichtung (Förder- und Fahrtrum, Reste von Gestängen, Pumpen, ...), Fördereinrichtungen (Hornstätten, Haspel, Maschinenkammern, ...), Teufe, Einfallen, auf Gang oder im Nebengestein getrieben, Vortriebsart; Abbaue: Vortriebsart (geschlägelt, geschossen, nachgearbeitet, ...), Technologie (Firstenbau, Strossenbau, Stockwerksbau mittels Weitungen, Abbaustrecken und Durchhiebe, ...); sonstige Arbeitsspuren und Funde, Örter, Ausbau.
- Bergrecht
Stufen, Gedingezeichen, Tafeln und deren Lage relativ zu markanten Punkten (Streckenkreuzen, Schächten, Durchschlägen, ...)
- Geologie/ Mineralogie
Gänge: Verläufe nach Fallen und Streichen, Mineralisation, Mächtigkeit, Scharungen, Verwerfungen; Gesteinskörper: Gesteinsart und –übergänge, Gesteinsgänge, Schichtung, Spuren der Gebirgsmechanik (Reibungszonen,Gleitflächen, ...); Sekundärbildungen
- Hydrogeologie/ Bewetterung
Wasserfließrichtung, zusitzende Wässer, Stärke der Schüttungen, Mineralisation der Wässer; Wetterzugrichtung und –stärke, Gase
- Befahrungstechnik
Fahrbarkeit allgemein (Wasserstand, Zustand des Tragwerks/ des Ausbaus, Querschnitte, besondere Gefahrenpunkte, ...); unpassierbare oder nicht passierte Stellen mit näheren Angaben (dichter Bruch, eventuell aufzuwältigender Bruch, Verdacht auf gespannte Wässer (unter Druck stehende Wässer zum Beispiel hinter Verbrüchen oder Verspünden), Stelle warum nicht passiert, welche Ausrüstung wäre für eine Passage nötig); Angaben zur Seiltechnik (wo ist Seil nötig, welche Längen, wo sitzen schon Aufhängungen, ...); Bewetterung (erhöhte Belastungen durch ...); besondere Gefahrenpunkte (Löser, morsches Tragwerk, zweifelhafte Sohle, ...); Zugänge: Zustand, Sicherung
- Über Tage
Geländeformen: Gräben, Pingen, Halden (Größe, Form); Gebäude, Fundamente (auch Maschinenfundamente), Maschinenreste, Bewuchs.
Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Natürlich wird man nicht zu jeder Befahrung alle Punkte abarbeiten, man wird sich auf spezielle Punkte konzentrieren und anderes auf das nächste Mal verschieben. Dennoch zeigt die Erfahrung, daß man am besten alles Interessante oder Auffällige sofort vor Ort notiert („auf dem Rückweg“ ist nur eine Umschreibung für „irgendwann anders bis nie“). Weglassen kann man später immer noch.
Ein Formblatt „Befahrungsdokumentation“ (FblBeDok, 9917-A4-723 MdI 78-z2), wie es sich manche jetzt gern wünschen würden, veröffentlichen wir hier nicht. Jeder wähle die Form, die für ihn und die darzustellenden Dinge zweckmäßig ist. Der Möglichkeiten sind viele, vom Riß über die verbale Beschreibung bis zur Abformung, wir haben sie im Folgenden kurz beschrieben. Wichtig ist lediglich, daß jede Form der Dokumentation für Dritte nachvollziehbar ist („Im Schacht gab es viele Stufen ...“ ???) und möglichst viele und genaue Orts- und Lageangaben zu den beschriebenen Objekten enthält („In der Grube gleich am Weg gibt es ziemlich weit hinten eine tolle Tafel von 1501, sie ist aber kaum zu finden ...“ ???).
Die Arbeit mit Quellen
Der Befahrung sollte ohnehin die Beschäftigung mit Quellen vorausgehen (also Rissen, Beschreibungen, Akten und so weiter, siehe Hauptartikel Quellenarbeit). Zugleich erleichtert und verbessert diese Vorbereitung die spätere Dokumentation erheblich. Liegen von der Grube bereits Risse vor, so sind diese meist genauer als das, was man unter Befahrungsbedingungen zusammenmessen kann. Man bezieht sich dann auf diese Risse und trägt die erwähnenswerten Dinge in Kopien ein. Die Ortsangaben werden dadurch ebenfalls sehr vereinfacht, man bezieht sich auf markante Punkte (Schächte, Streckenkreuze). Genauso werden möglichst viele schriftliche Quellen einbezogen, indem erkannte Zusammenhänge mit Bezug auf die Quellen dargestellt werden („Die in Riß XY und Akte Z beschriebene Grubenfeldgrenze zwischen den Revieren C und D befindet sich ca. 15 m Richtung A Schacht vom Streckenkreuz B Stehender mit C Flachem entfernt, im Liegenden der Strecke in etwa 1 m unterhalb der Firste.“).
Verbale Beschreibung eines Grubenbaus; Befahrungsbericht
Die einfachste Form der Dokumentation ist eine kurze Beschreibung der befahrenen Baue und der auffälligen Besonderheiten. Ein solcher Bericht muß weder formschön noch stilistisch ausgefeilt sein, das Ordogravieh ist ohnehin freigelassen. Ein Stichpunktzettel genügt vollauf, wenn er denn für andere lesbar und nachvollziehbar ist. Zweckmäßig werden kleine Handskizzen beigefügt, das geht oft schneller und ist einleuchtender als ellenlange Verbalbeschreibungen. Wer gern Papier quält, kann natürlich schreiben soviel er will, es ist nur darauf zu achten, daß das Wesentliche (siehe oben) nicht wegen der Prosa zu kurz kommt.
Namen in Befahrungsberichten sind eigentlich wünschenswert, damit der Lesende Rückfragen loswerden kann. Aber dumm schaut’s aus, wenn das Bergamt so was – mit Datum und Ort des mühsam freigesägten, äh freigelegten Mundlochs – in die Hände bekommt. Auch exakte Daten können Ärger bewirken, obwohl die zeitlichen Veränderungen an einem Grubenbau natürlich interessant sind. Daher zur Zeit Namen weglassen oder schwärzen, Zeitangaben grob fassen, juristisch zweifelhafte Aktionen am besten gar nicht erwähnen, wenn sie nicht für die Grubengeschichte bedeutsam sind. Die Originale der Berichte auslagern und die Festplatte dabei nicht vergessen - weiteres zur (Un)Rechtslage siehe Rechtslage bei montanhistorischen Arbeiten.