Bohren und Schießen: Unterschied zwischen den Versionen

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Das '''Bohren und Schießen''' war eine [[Gewinnungsarbeiten|Gewinnungsarbeit]], bei der durch das manuelle anlegen von Bohrlöchern und dem Einsatz von Schwarzpulver eine deutliche Erhöhung der Vortriebs- und Abbauleistung gegenüber der [[Schlägel- und Eisenarbeit]] erfolgte.
 
Das '''Bohren und Schießen''' war eine [[Gewinnungsarbeiten|Gewinnungsarbeit]], bei der durch das manuelle anlegen von Bohrlöchern und dem Einsatz von Schwarzpulver eine deutliche Erhöhung der Vortriebs- und Abbauleistung gegenüber der [[Schlägel- und Eisenarbeit]] erfolgte.
  
Das typische [[Gezähe]] des Bohrens und Schießens war der [[Bohrer]], der [[Schlägel|Fäustel]], der [[Krätzer]], der [[Lettenstampfer]] und die [[Räumnadel]].
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Das typische [[Gezähe]] des Bohrens und Schießens war der [[Bohrer]], der [[Schlägel|Fäustel]], der [[Krätzer]], der [[Lettenstampfer]] und die [[Räumnadel]]. Beim Schießen mittels [[Schießpflock]] wurden zusätzlich noch [[Schießblech|Schießbleche]] und [[Schießspreize]]n verwendet.
  
  
 
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Meist gab der Steiger die Stelle vor, wo das Bohrloch angelegt werden sollte. Anschließend wurde in das Gestein eine kleine Vertiefung geschlagen und darin der Anfangsbohrer angesetzt. Mit den im [[Bohrpos]] vorhandenen Bohrern konnte nun das Bohrloch hergestellt werden. Dabei wurde der Bohrer wurde dabei nach jedem zweiten Schlag mit dem Fäustel leicht gedreht (umgesetzt).
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Meist gab der Steiger die Stelle vor, wo und wie (Richtung, Durchmesser, Teufe) das Bohrloch angelegt werden sollte.<br />
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''„Wo nun ein Schuß weggethan werden soll, so weiset der Steiger die Arbeiter, so das Bohren verrichten sollen, ordentlich an, und bedeutet selbige auf was Weise sie den Bohrer, ob schräge, gerade nieder, oder über sich, anführen sollen.“'' (Kern, J.G. [[Quellen|<sup>(21)</sup>]])
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Anschließend wurde in das Gestein eine kleine Vertiefung ([[Zubrüsten]]) geschlagen und darin der Anfangsbohrer angesetzt. Mit den im [[Bohrpost]] vorhandenen Bohrern konnte nun das Bohrloch hergestellt werden. Dabei wurde der Bohrer wurde dabei nach jedem zweiten Schlag mit dem Fäustel leicht gedreht (umgesetzt).
  
 
Das Bohrgrus (Bohrmehl) wurde mit Wasser feucht gehalten, das in einem kleinen Holzgefäß ([[Bohrtrog]]) aufbewahrt wurde. Das letzte Stück wurde meist ohne Wasser gebohrt, damit man das Bohrloch im Anschluss besser trocken bekam.
 
Das Bohrgrus (Bohrmehl) wurde mit Wasser feucht gehalten, das in einem kleinen Holzgefäß ([[Bohrtrog]]) aufbewahrt wurde. Das letzte Stück wurde meist ohne Wasser gebohrt, damit man das Bohrloch im Anschluss besser trocken bekam.
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Anschließend wurde die pulvergefüllte [[Patrone]] mit der Räumnadel aufgespießt und in das Bohrloch geschoben. Nach Einbringen eines Pfropfens aus Papier, Holz oder anderen Material (vormals wurden [[Schießpflock|Schießpflöcke]] verwendet) über der Patrone, wurde das Bohrloch mit [[Besatz]] oder [[Wolger]]n gefüllt und unter Zuhilfenahme des [[Schlägel|Fäustels]] sowie des [[Lettenstampfer]]s, dessen Hohlkehle an der Nadel liegt, mit Anfangs leichten und später kräftigen Schlägen der Besatz verdichtet. Letztendlich wurde das Bohrloch noch mit [[Letten]] verschmiert und die Räumnadel vorsichtig aus dem Bohrloch herausgetrieben, in dem eine [[Bohrer|Bohrstange]] durch den Ring der Bohrnadel gesteckt und leicht darauf geschlagen wurde.
 
Anschließend wurde die pulvergefüllte [[Patrone]] mit der Räumnadel aufgespießt und in das Bohrloch geschoben. Nach Einbringen eines Pfropfens aus Papier, Holz oder anderen Material (vormals wurden [[Schießpflock|Schießpflöcke]] verwendet) über der Patrone, wurde das Bohrloch mit [[Besatz]] oder [[Wolger]]n gefüllt und unter Zuhilfenahme des [[Schlägel|Fäustels]] sowie des [[Lettenstampfer]]s, dessen Hohlkehle an der Nadel liegt, mit Anfangs leichten und später kräftigen Schlägen der Besatz verdichtet. Letztendlich wurde das Bohrloch noch mit [[Letten]] verschmiert und die Räumnadel vorsichtig aus dem Bohrloch herausgetrieben, in dem eine [[Bohrer|Bohrstange]] durch den Ring der Bohrnadel gesteckt und leicht darauf geschlagen wurde.
 
In den so bis zur Patrone entstandenen Zündkanal wurde nun der [[Halm]] als Zünder gesteckt. An das aus dem Bohrloch herausstehende Ende des Halmes wurde nun das [[Schwefelmännchen]], ein mit Schwefel getränkter Wollfaden, angebracht und mit der Öllampe entzündet.
 
In den so bis zur Patrone entstandenen Zündkanal wurde nun der [[Halm]] als Zünder gesteckt. An das aus dem Bohrloch herausstehende Ende des Halmes wurde nun das [[Schwefelmännchen]], ein mit Schwefel getränkter Wollfaden, angebracht und mit der Öllampe entzündet.
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Bevor das Schießen mit Besatz durch Letten eingeführt wurde, verwendete man hölzerne Schießpflöcke zum Verschluss der oft zwei- oder dreimännisch hergestellten Bohrlöcher. Das Pulver wurde teilweise lose mittels der Pulverkelle und Pulverhorn in die Bohrlöcher eingefüllt oder hineingeschüttet, wobei sich aber durch entstandene Hohlräume und das Feuchtwerden de Pulvers die Sprengwirkung verminderte. Auch war diese Methode nur bei horizontal- oder abfallend gebohrten Löchern möglich und erhöhte die Gefahr von Unfällen. So ging man schnell dazu über, das Pulver in Patronen zu füllen.
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Die Schießpflöcke waren mit einem Loch oder eine Kerbe für die Pulverspur versehen und wurden nach dem Einfüllen des Pulvers mit Hilfe des Schlägels in das Bohrloch getrieben.
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''„Soferne keine Wasser darinnen zulauffen / kan alsbald geschossen werden / wenn zu vorhero alles darzu zugerichtet ist. Denn es muß ein Pflock von buchigen Holze nach der Grösse des Loches / und Länge desselben zugeschnitten werden / uff demselben wird der Länge nach eine Spur oder Kerbe ausgeschnitten / anstatt des Zünd-Loches.“'' (Roessler, B. [[Quellen|<sup>(05)</sup>]])
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Beim Eintreiben der Schießpflöcke kam es durch Reibung und entstehende Funkenbildung bei quarzigem Gestein, besonders bei Rückständen von lose eingefülltem Pulver an den Bohrlochwänden, immer wieder zu Unfällen. Auch konnte das Loch oder die Kerbe für die Pulverspur zusammengedrückt werden und musste mit der [[Räumnadel]] wieder geöffnet werden.
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''„Wird / da die Spur durch das Schlagen zusammen setzen sollte / gebrauchet / damit in derselben auffgeräumet.“'', (Berward, C. [[Quellen|<sup>(26)</sup>]])
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Auf den eingetriebenen Schießpflock wurde bündig in ein entsprechendes [[Bühnloch|Bühnenloch]] das [[Schießblech]] gesetzt und dieses anschließend mittels [[Schießspreize]] befestigt.
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''„Uff solchen Pflock muß ein sonderlich Schieß-Eisen / das ist ein Blech in gevier 2. Hände breit / ein oder zwey Finger stark / ins Gestein eingehauen werden / daß es sich nicht schieben kann / darüber das Zünd-Loch seyn muß. Auff solches Blech wird so dann ein Poltzen oder Stempel angetrieben, welcher wohl verwahret in einem Bühn-Loch stehen muß.“'' (Roessler, B. [[Quellen|<sup>(05)</sup>]])
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Zum Entzündung der Patrone wurde entweder die Pulverspur, Schießröhrchen oder Halm in Verbindung mit dem Schwefelmännchen genutzt.
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''Weil die Stroßen in den Gruben unterschiedlich, soll jeder Grubensteiger seine Stroßen zum öftern bebauen, und deren Gelegenheit wohl betrachten, daß wo er einigen Vortheil haben vermeinet, da daselbst mit Schlägel und Eisen, oder mit Keilhauen, Keil, Stück und Eisen abzubrechen, soll er auf solchen Stroßen nicht straks bohren, und das Pulver unnöthiger Weise verschießen laßen, wie dann die Häuer seit dem das Schießen aufgekommen, sich der rechten Bergmanns-Arbeit, Schlägel und Eisen zu gebrauchen, und wie daßelbe anzubringen, entwöhnet, und nur auf das Bohren sich begeben, daß auch wohl vielmahl unnöthiger Weise geschossen, und an den Oertern eine Wand gesprengt wird, der wohl mit Gezäu Abbruch geschehen können.“'' (Wagner, T. [[Quellen|<sup>(28)</sup>]])
 
''Weil die Stroßen in den Gruben unterschiedlich, soll jeder Grubensteiger seine Stroßen zum öftern bebauen, und deren Gelegenheit wohl betrachten, daß wo er einigen Vortheil haben vermeinet, da daselbst mit Schlägel und Eisen, oder mit Keilhauen, Keil, Stück und Eisen abzubrechen, soll er auf solchen Stroßen nicht straks bohren, und das Pulver unnöthiger Weise verschießen laßen, wie dann die Häuer seit dem das Schießen aufgekommen, sich der rechten Bergmanns-Arbeit, Schlägel und Eisen zu gebrauchen, und wie daßelbe anzubringen, entwöhnet, und nur auf das Bohren sich begeben, daß auch wohl vielmahl unnöthiger Weise geschossen, und an den Oertern eine Wand gesprengt wird, der wohl mit Gezäu Abbruch geschehen können.“'' (Wagner, T. [[Quellen|<sup>(28)</sup>]])
  
Ebenfalls in der ''Churköllnischen Bergordnung'' vom 02. Januar 1669 findet man eine Passage, die das Schießen aus dem Ganzen, also aus dem unveritzten Gebirge sowie die Verwendung von Patronen beschreibt.<br />
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Ebenfalls in der ''Churköllnischen Bergordnung'' vom 02. Januar 1669 findet man eine Passage, die das '''Schießen aus dem Ganzen''', also aus dem unveritzten Gebirge sowie die Verwendung von Patronen beschreibt.<br />
 
''„An den Stroßen nun, darinn kein Schram, sondern alles aus dem Ganzen, oder da die Löcher mit Hölzernen, oder ledernen Patronen geladen, und das Ertz aus dem Wasser geschossen werden müßte, sollen die Steiger sonderlich gute Vorsichtigkeit mit Anweisung der Löcher halten, daß sie nicht zu stark oder zu schwach in die Stroße gebohrt, …“'' (Wagner, T. [[Quellen|<sup>(28)</sup>]])
 
''„An den Stroßen nun, darinn kein Schram, sondern alles aus dem Ganzen, oder da die Löcher mit Hölzernen, oder ledernen Patronen geladen, und das Ertz aus dem Wasser geschossen werden müßte, sollen die Steiger sonderlich gute Vorsichtigkeit mit Anweisung der Löcher halten, daß sie nicht zu stark oder zu schwach in die Stroße gebohrt, …“'' (Wagner, T. [[Quellen|<sup>(28)</sup>]])
  
  
Im Jahr 1725 im sächsischen Bergbau das „Schießen aus dem Ganzen“ erfolgreich erprobt. Dabei wurde durch das Anlegen mehrerer paralleler Bohrlöcher erst ein Einbruch geschossen, in dessen Hohlraum dann der Rest gesprengt wurde. Die Lunten der einzelnen Sprengladungen wurden dabei gleichzeitig gezündet.<br />
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Das ''Schießen aus dem Ganzen'' hat sich wahrscheinlich in den Revieren, in denen das Schießen ab Mitte des 17. Jahrhunderts intensiver betrieben wurde, parallel entwickelt. Es ist auch zu vermuten, dass diese neue Art mit einem Technologiewechsel beim Bohren (einmännische Bohrlöcher, Einsatz von [[Bohrer|Meißelbohrern]]) einhergegangen sein könnte.
Somit konnte die Sprengkraft optimal ausgenutzt und die Vortriebsleistung gesteigert werden. Im Jahr 1740 wurde dann durch die Stollnordnung des Kurfürst Friedrich August II. das ''"nutzbarliche Schießen aus dem Ganzen"'' eingeführt. Der Vortrieb von Stolln und Strecken erfolgte nun durch Sprengung auf dem ganzen Querschnitt und löste die Schlägel- und Eisenarbeit weitestgehend ab.
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Beim ''Schießen aus dem Ganzen'' wurde statt des Anlegens eines [[Schram]]s zuerst ein Bohrloch mittig im Bereich der [[Sohle]] aus dem unveritzten Gebirge geschossen und anschließend die Masse abgefördert. Über dem so entstandenen [[Einbruch]] wurde ein weiteres Bohrloch erstellt, besetzt und in den Hohlraum geschossen. Dieser Vorgang wiederholte sich, bis man die [[Firste]] erreicht hatte. Teilweise wurden auch mehrere Sprengladungen gleichzeitig oder verzögert zur Explosion gebracht. Die [[Stoß|Stöße]] wurden anfänglich noch mit [[Schlägel- und Eisenarbeit]] hereingewonnen, später erfolgte der Vortrieb von [[Stollen|Stolln]] und [[Strecke]]n durch Sprengung auf dem ganzen Querschnitt und löste die Schlägel- und Eisenarbeit weitestgehend ab.
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Wahrscheinlich ab dem zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts wurde diese Technologie auch in Sachsen angewendet und in der ''Stollnordnung'' des Kurfürst Friedrich August II. aus dem Jahr 1749 als das ''"nutzbarliche Schießen aus dem Ganzen"'' vorgeschrieben.
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''„Es soll auch, zu Erspahrung derer vielen Gedinge, und darzu erforderlichen grossen Auffwands, die kostbare Gewinnung des vesten Gesteines mit Schlägel und Eisen, so viel sich nach Beschaffenheit ieden Orts, ratione derer Wetter, thun lassen will, und äuserst möglich ist, abgeworffen und das nutzbarliche Schiessen aus dem gantzen eingeführet werden.''<br />
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''Wannenhero die Bergmeistere und Geschworne, solches sofort zu veranstalten, die Stolln- Schichtmeistere und Steigere aber fleißige und pflichtmäßige Aufsicht zu führen haben, damit sothanes Schiessen, statt des viele Zeit und Kosten wegnehmenden Schrämens, bey obigen und denenjenigen Stoll-Oertern, wo keine Ertze brechen, auch wo die Gewercken-Steigere selbst mit arbeiten, bewerckstelliget- und die Löcher zum Schiessen, wo es thunlich, mit einmännischen Bohrern gemachet werden mögen. Dahingegen''<br />
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''Vor solchen Oertern, wo das Schiessen nicht applicabel, und wegen des vesten Gesteines, der Einbruch auf das Tagwerk stärcker nicht, als zwey oder höchstens drey Zoll gemachet werden kann, zu ebenmäßiger Beförder- und Erleichterung der Arbeit, mehr als einmahl einzubrechen- und auf ieden solchen Einbruch, nicht allemahl gleicher Stoß zu halten ist.“''
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(König August III. [[Quellen|<sup>(15)</sup>]])
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[[Kategorie:Bergwörterbuch]]
 
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Aktuelle Version vom 24. September 2012, 12:39 Uhr

Das Bohren und Schießen war eine Gewinnungsarbeit, bei der durch das manuelle anlegen von Bohrlöchern und dem Einsatz von Schwarzpulver eine deutliche Erhöhung der Vortriebs- und Abbauleistung gegenüber der Schlägel- und Eisenarbeit erfolgte.

Das typische Gezähe des Bohrens und Schießens war der Bohrer, der Fäustel, der Krätzer, der Lettenstampfer und die Räumnadel. Beim Schießen mittels Schießpflock wurden zusätzlich noch Schießbleche und Schießspreizen verwendet.


Technologie

Meist gab der Steiger die Stelle vor, wo und wie (Richtung, Durchmesser, Teufe) das Bohrloch angelegt werden sollte.
„Wo nun ein Schuß weggethan werden soll, so weiset der Steiger die Arbeiter, so das Bohren verrichten sollen, ordentlich an, und bedeutet selbige auf was Weise sie den Bohrer, ob schräge, gerade nieder, oder über sich, anführen sollen.“ (Kern, J.G. (21))

Anschließend wurde in das Gestein eine kleine Vertiefung (Zubrüsten) geschlagen und darin der Anfangsbohrer angesetzt. Mit den im Bohrpost vorhandenen Bohrern konnte nun das Bohrloch hergestellt werden. Dabei wurde der Bohrer wurde dabei nach jedem zweiten Schlag mit dem Fäustel leicht gedreht (umgesetzt).

Das Bohrgrus (Bohrmehl) wurde mit Wasser feucht gehalten, das in einem kleinen Holzgefäß (Bohrtrog) aufbewahrt wurde. Das letzte Stück wurde meist ohne Wasser gebohrt, damit man das Bohrloch im Anschluss besser trocken bekam.

Mit dem Krätzer wurde das Bohrgrus herausgeholt. Eine über das Bohrloch gelegte Lederscheibe mit einem Loch in der Mitte (Bohrdeckel) verhinderte das Herausspritzen des breiigen Bohrkleins. Am Schluss wurde durch den Ring am oberen Ende der Krätzers ein Bohrlappen gesteckt und mit ihm das Bohrloch trocken gewischt.

Anschließend wurde die pulvergefüllte Patrone mit der Räumnadel aufgespießt und in das Bohrloch geschoben. Nach Einbringen eines Pfropfens aus Papier, Holz oder anderen Material (vormals wurden Schießpflöcke verwendet) über der Patrone, wurde das Bohrloch mit Besatz oder Wolgern gefüllt und unter Zuhilfenahme des Fäustels sowie des Lettenstampfers, dessen Hohlkehle an der Nadel liegt, mit Anfangs leichten und später kräftigen Schlägen der Besatz verdichtet. Letztendlich wurde das Bohrloch noch mit Letten verschmiert und die Räumnadel vorsichtig aus dem Bohrloch herausgetrieben, in dem eine Bohrstange durch den Ring der Bohrnadel gesteckt und leicht darauf geschlagen wurde. In den so bis zur Patrone entstandenen Zündkanal wurde nun der Halm als Zünder gesteckt. An das aus dem Bohrloch herausstehende Ende des Halmes wurde nun das Schwefelmännchen, ein mit Schwefel getränkter Wollfaden, angebracht und mit der Öllampe entzündet.


Bevor das Schießen mit Besatz durch Letten eingeführt wurde, verwendete man hölzerne Schießpflöcke zum Verschluss der oft zwei- oder dreimännisch hergestellten Bohrlöcher. Das Pulver wurde teilweise lose mittels der Pulverkelle und Pulverhorn in die Bohrlöcher eingefüllt oder hineingeschüttet, wobei sich aber durch entstandene Hohlräume und das Feuchtwerden de Pulvers die Sprengwirkung verminderte. Auch war diese Methode nur bei horizontal- oder abfallend gebohrten Löchern möglich und erhöhte die Gefahr von Unfällen. So ging man schnell dazu über, das Pulver in Patronen zu füllen.

Die Schießpflöcke waren mit einem Loch oder eine Kerbe für die Pulverspur versehen und wurden nach dem Einfüllen des Pulvers mit Hilfe des Schlägels in das Bohrloch getrieben.

„Soferne keine Wasser darinnen zulauffen / kan alsbald geschossen werden / wenn zu vorhero alles darzu zugerichtet ist. Denn es muß ein Pflock von buchigen Holze nach der Grösse des Loches / und Länge desselben zugeschnitten werden / uff demselben wird der Länge nach eine Spur oder Kerbe ausgeschnitten / anstatt des Zünd-Loches.“ (Roessler, B. (05))

Beim Eintreiben der Schießpflöcke kam es durch Reibung und entstehende Funkenbildung bei quarzigem Gestein, besonders bei Rückständen von lose eingefülltem Pulver an den Bohrlochwänden, immer wieder zu Unfällen. Auch konnte das Loch oder die Kerbe für die Pulverspur zusammengedrückt werden und musste mit der Räumnadel wieder geöffnet werden.

„Wird / da die Spur durch das Schlagen zusammen setzen sollte / gebrauchet / damit in derselben auffgeräumet.“, (Berward, C. (26))

Auf den eingetriebenen Schießpflock wurde bündig in ein entsprechendes Bühnenloch das Schießblech gesetzt und dieses anschließend mittels Schießspreize befestigt.

„Uff solchen Pflock muß ein sonderlich Schieß-Eisen / das ist ein Blech in gevier 2. Hände breit / ein oder zwey Finger stark / ins Gestein eingehauen werden / daß es sich nicht schieben kann / darüber das Zünd-Loch seyn muß. Auff solches Blech wird so dann ein Poltzen oder Stempel angetrieben, welcher wohl verwahret in einem Bühn-Loch stehen muß.“ (Roessler, B. (05))

Zum Entzündung der Patrone wurde entweder die Pulverspur, Schießröhrchen oder Halm in Verbindung mit dem Schwefelmännchen genutzt.


Geschichtliche Entwicklung

Die Geschichte des Sprengens in Bergwerken ist gerade für die Anfangszeit schwer urkundlich zu belegen. Da diese Technologie aber in Agricolas „De Re Metallica“ nicht beschrieben ist kann man davon ausgehen, dass ihm diese auch nicht bekannt war und somit in der Zeit vor 1550 nicht im mitteleuropäischen Bergbau zur Anwendung kam.

Es lag natürlich nahe, sich die explosive Kraft des Pulvers auch im Bergbau zu Nutze zu machen und somit wird es sicherlich auch viele Versuche gegeben haben, die nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt haben. Es ist auch anzunehmen, dass man anfänglich die Ladung in Klüften oder im Schram anbrachte bzw. versuchte, in den Schram hineinzuschießen. Erfolgreich wurde diese Technologie aber erst, als man die Ladungen in eigens dafür hergestellten Bohrlöchern zur Explosion brachte.


Im Staatsarchiv von Venedig wurde im Jahr 1959 ein Bericht des Generalvikars für den Bergbau der Republik Venedig gefunden, die auf erste untertägige Sprengungen hindeuten könnte. In diesem Bericht stand, dass Giovanni Battista Martinengo im Jahr 1573 einen Antrag auf Pacht von Gruben stellte und die Konzession zum Ausbeuten der Bergwerke in Schio bei Vincenza durch den „Rat der Zehn“ bekam, weil er 12% des Ertrages (üblich war der Zehnte) abführen wollte. Weiter heißt es in dem Bericht, dass „dieser Mann, nicht so arbeitete, wie man es normalerweise gewohnt war, nämlich zunächst das Gewölbe zu stützen und dann nach und nach vor zutreiben, um das Material herauszuholen. Er tat dies auf ganz ungewöhnliche Weise dadurch, dass er mit Hilfe von Schwarzpulver ein kleines Loch in den Berg machte, um ihn mit Gewalt aufzubrechen und auf diese Weise zu erfahren, was in ihm verborgen war.". Ebenso wurde in diesem Bericht erwähnt, dass Martinengo nach einigen Jahren erfolgloser Tätigkeit verschwunden sei. (Heinz Walter WILD, Erfindung und Ausbreitung der Sprengarbeit im Bergbau; Verein der Freunde des Bergbaues in Graubünden: Stiftung Bergbaumuseum Schmelzboden-Davos, November 1984, 8. Jahrgang)


Im Zusammenhang mit der Einführung des Schießens wird auch immer wieder der Freiberger Oberbergmeister Martin Weigel und das Jahr 1613 genannt. Diese Aussagen beziehen sich jedoch auf einen Freiberger Ausbeutebogen vom Quartal Trinitatis 1715, auf dem folgender Text zu finden ist:
„In der 11. Wo. dieses qvartals ist Samuel Wiedner / Unter-Steiger auf St. Anna und Alt-Väter Fgrb. an der Halßbrücke / nachdem der von ihn angelegte Schuß sich etwas verhalten / und er wieder dazu fahren wollen/vom Schuß ergrieffen und ums Leben kommen. Das Bohren und Schiessen auf den Gestein ist anno 1613. von Martin Weigeln Ober-Bergmeistern allhier erfunden worden / und wurden anfangs Pflöcke dazu gebraucht / und in die Bohr-Löcher getrieben / seit etlich 30. Jahren aber ist solches viel sicherer und leichter mit Letten verrichtet worden. Auch hat man nunmehro hiesiges Ortes gewisse kleine Hand-Bohrer introduciret / durch welche die Häuer dem festen Gestein / mit sonderlichen Vortheil / grossen Abbruch thun können."

Diese Anmerkung führte wohl dazu, dass August Beyer in „Das gesegnete Markgrafthum Meissen“ (Dresden, 1732), in dem die Ausbeutezahlen von 1529 bis 1729 aufgeführt werden, neben den Ausbeutezahlen des Jahres 1613 schrieb:
„In diesen Jahr hat Martin Weigold das Bohren im Gestein mit dem Pflock zu schießen erfunden.“
Spätere Autoren übernahmen diese Aussage, ohne sie in irgendeiner Form urkundlich belegen zu können und verwiesen auf Beyer.

Auch in der heutigen Zeit sind keine Dokumente aus der Zeit um 1613 bekannt, die diese Aussage belegen können. Es stellt sich auch die Frage, warum eine so bedeutende Neuerung erst 14 Jahre später von einem anderen Ort aus ihren Siegeszug antreten sollte und erst 30 Jahre später in Freiberg Einzug hielt.


Für das Jahr 1617 gibt es aus Lothringen Belege, die auf Sprengungen mittels Schwarzpulver in den Bergwerken von Le Thillot hindeuten könnten.
In der Rechnung für das 4. Quartal 1617 (Comptes trimestriels des mines du Thillot. Année 1617), die im Archive des Départements von Meurthe-et-Moselle. Archiv-Nr.: B 8366 vorhanden ist, wird Schwarzpulver aufgeführt. So wurde im 4. Quartal 1617 die Ausgabe von 9 Francs und 6 Gros für eine nicht näher präzisierte Menge von Pulver aufgeführt, um
„zu schießen in dem Bergwerk und um den Felsen zu sprengen.“. (Francis PIERRE: Les mines de cuivre et d’argent de la haute Moselle. Apparition et évolution des techniques de percement à la poudre noire. Le Thillot (Vosges). In: Lotharingia. T. 5. Nancy 1993).
Auch für folgende Quartale sind Abrechnungen über Schwarzpulver vorhanden. Allerdings deutet der ziemlich geringe Betrag von 9 Francs und 6 Gros auf eine ebenso geringe Menge an verwendeten Schwarzpulver (etwa 4 Pfund) und somit nicht auf eine kontinuierlicher, eher auf einen selektiven oder versuchsweisen Einsatz hin.


Erstmals wirklich urkundlich belegt sind die Sprengungen am 08. Februar 1627 im „Ober Piberstolln“ in Schemnitz, die durch den Tiroler Caspar Weindl durchgeführt wurde. So findet sich im Schemnitzer Berggerichtsbuch von 1627 folgender Eintrag:
"Adi 8. Februari, dits 1627 Jars, hat die Gancz Löblich Gewerkschafft beim hauptperkhwerch Ober Piberstolln, Ihr Kai: Mai: perggericht zur Schembnitz zur Einfart wegen des Casper Weindlesz Sprengwerch solches in Augenschein zu nehmen, ob es dem Gezimerwerch durch dasz schiessen schedlich sein mechte, in beratschlagung zu ziehen begrueszt, Über solchen eingenommenen Augenschein, vnd in Gegenwart der Ambtleut, Sowol des Perggerichts, beschehenen Schusz hat sichs befunden, dasz dieses Sprengwerch wol fürzunehmen sei, vnd nichts schedlichs causirn werde, ob zu Zeitten gleich ein Rauch entstehet, vergeet er doch in ainer Viertl Stundt, vnd ist den hewern ohne schaden, nimbt auch viel böses Wetter mit sich wegkh, Aber offt zu schiessen, würde es nit thuen, denn es würde die anderen Khüren im Arzthauen vnd Geföl, wenn Sie offt sollen stilhalten, verhintern, Aber für Rahtsamb war, die weillen im Danielschlag schöne Anbrüch vorfanden, die aber Zimblich fesst, doch keine heuer die man zuelegen mechte vorhanden sein, daselbst So wol in den Schächten vnnd Stolwenten auf der Soolen liesz sich dasz Sprengwerch gar wol an.
Weiter ist dermallen Caspar Sprenger befragt worden, ob er diese Örtter im Danielschlag wollte zu Lehenschafft annemben, Weil das ainczige Ortt im tieffisten, den Vncosten mit dem Sprengen nicht ertragen würde, hierüber meldt solcher, wenn man Ime 40 oder 50 guette Heuer gibt, So traue er Ihme diese Örter gar wol mit der Herren Gewerckhen guetten Nuczen zu Lehenschafft anzunemben. Auf solch sein erpieten wird Ime Caspar darauf geantwort: Weil im Tieffisten viel Örtter aus Mangel Heier feiern müssen vnnd dits Orts allein ein 40 Heier von Nöten, vnd sein doch keine vorfanden, ob man nit Mitl haben könne, Soviel Heier etwo von anderen Darauf meldt Caspar, wann man den Uncossten, der darauf geen würde, nit ansehen, noch Sparen wolt, vnnd Ime ainen Paszbrieff von Ihr Kai: Mai: ausbringen vnd ertailen würde, trauet er Ime gar wol ausz Tyroll ain anzahl guetter Heier, zu Nottdurfft an solche Örtter als in das Tieffeste, Danielschlag, hintern Künsten, Schächten, Stolwant, an der Sol: vnnd andere Örtter zue zu weitten vnd ins werkh zusetzen herein zu bringen. Souil thuet das Kaiserlich Perggericht ain Gancze Löbliche Gewerckhschaft berichten, welche ohne maszgeben auf solcher verern beratschlagungen des Caspar Sprengers Zuesagen : Vnnd erpietten ins Werckh zuseczen wissen werden,"
Datum Schembnicz den 16 Februari A. 1627.
Georg Putscher Pergkmaister,
Caspar Pistorius,
Chri: Spilberger, Pergkgerichtsschreiber."

Auch wenn es nicht ausdrücklich erwähnt wurde kann man davon ausgehen, dass es sich hier um Sprengungen handelt, bei denen Bohrlöcher angefertigt wurden.
Caspar Weindl, der den Beinahmen „Sprenger“ erhielt, war vor der erfolgreichen Sprengung in Schemnitz, auf den in Tirol liegenden Bergwerken des Grafen Montecuccoli tätig, des Oberstkammergrafen von Schemnitz (Quelle: Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen, Jahrgang 1908).
Es ist anzunehmen, dass er bereits im Vorfeld der erfolgreichen Sprengung in Schemnitz schon Versuche mit dieser Technologie in Schemnitz selber und in Tiroler Bergwerken unternahm.


Die neue, nun erfolgreich angewandte Technologie, verbreitete sich schnell. So kam sie wohl schon im gleichen Jahr in den Kupfergruben im böhmischen Graslitz zum Einsatz.
„Erst im Jahre 1627 wurde aus Ungarn die Schießarbeit auf den Graslitzer Kupferwerken eingeführt, nach den vorhandenen abgeschossenen Bohrlöchern zu schließen - die zweimännische; doch hatte diese Verbesserung von keinem tiefgreifenden Einflüsse auf den dortigen Bergwerksbetrieb mehr sein können, da noch In demselben Jahre das Religlonsedict einen sehr großen Teil der Einwohner von Graslitz, weil sie Protestanten waren, zur Auswanderung nöthigte."
(Quelle: Konstantin von NOWICKI „Die Wiedergewältigung des alten Kupferbergbaues von Graslitz in Böhmen“, Prag 1862)

„Dieses Schiessen ist vormals An. 1627. Aus Ungarn in Teutschland herein komen / uffn Größlatz / so dan nach dem Harz-Gebirge gebracht worden / von welchen Oerthen es sich allenthalben ausgebreitet hat.“ (Roessler, B. (05))


Aus dem Jahr 1628 gibt es im Stiftsarchiv St. Lambrecht einen Brief, der die Entsendung des Sprengkundigen Ruep Meytesperger in die Eisenstein- und Hittracherzgruben des Stiftes St. Lambrecht in der Steiermark beschreibt. Meytesperger soll den dortigen Arbeitern das Sprengen zeigen und diese darin unterrichten. Der Brief vom 29. Oktober 1628 von Georg Fischer aus Friesach an P. Andreas von St. Lambrecht hat folgenden Inhalt:

„Ehrwürdig Edler und Wohlgelehrter Herr etc. Euer Ehrwürden seindt mein gantz gevlißne Dienst iederzeit bevohr.

Auf abgeredt und verlaßner massen vor dreyer tagen übersende Euren Ehrwürden etc. ich hiemit zeigern Ruep Meytespergern sambt andern zween guetter Pergkarbeiter zu belegung des Pleyglantzes und Hütrauch Erzt, denen zweyen wollen sie wöchentlich per 1 il iedem Cost oder gelt sambt Liechter und Eißen, wie der Meytesperger derselben anzaigen wirdt, ervolgen lassen, welche er Meydtesperger an die arbeit selbst anordnen und sobalt ich wider zu Hauß komb, sol ihnen nach dem Centner oder Kübl verdingt werden, damit Ihr Ehrwürden von ihnen nicht alle wochen uberlauffen werden, mögen sie ihnen (doch ohne maßgebung) auf etliche wochen die Cost ervolgen lassen, dann ihnen wol zu trauen.
Dem Meytesperger aber hab ich selbst Zehrung ertheilt, würdt ungevor ein Tag 8 oder mehr drüben verbleiben und dennen arbeitern bei dem Eißenstein- sowohl bei dem Hüttrauch Erzt das Sprenngen zeigen und underrichten (deme sie uf sein begehren Pulffer preperieren und die schüß zu 8, 10 oder 12 Lot machen, wie er begern würdt, sowohl nach seinen angeben 2 oder dreierlei Porer den Schmidt verfertigen lassen, und würdt hiemit gedachter Meitesperger an seinen Vleiß nichts ermindern lossen. Wollen Ihr Ehrwürden denen arbeitern, so das Sprenngen von Ihme sehen und lehrnen, anzaigen, daß sie ihme treulich volgen und behuetsambt darmit umbgehen. Weil auch in den grueben bei dem Eißenstein auch zu sprenngen guete gelegenheit, soll Er sie auch daselbsten anweißen.
Es haben Ihr Gnaden vor Irem abreißen dem Hanßen im Pach in meinem beisein schlecht hackhenpulffer zu machen bevohlen, das wollen Sie darzue preperieren und das Scheiben Pulffer, weil es noch so teuer, sparen, würdt dennoch störkher als das guete worden.
Dem Meydesperger hab ich auch under andern bevohlen, in die grueben hinder dem Closster, davon ich einen schwardtzen schüffer mit herüber gefürt, zu fahren und denn augenschein einzunehmen, weil der stein Vitriolismum, würdt darinnen ein gantzer Vitriol viß zu finden sein, der zu Colnierung deß Eißens tauglich sein würdt, noch biß dato hab ichs, weil ich kein Floßeißen noch nicht empfanngen, kein prob machen khönnen, darumben auch Ir Hochwürden und Gnaden ich noch nichts zuschreiben kann, soll aber zu meiner widerkunft förderlichen beschehen.
Letzlichen sover Ir Ehrwürden das im Closter ligende Pleyerzt noch nicht nach dem Hof (= Mariahof) gesannt, das sie es morgen oder Erdag wollen dahin verschaffen, dann ich solches künfftigen Mitwoch gewiß abhoiien zu lassen bedacht. Auf dißmahl anders nichts Neus, dann Euer Ehrwürden ich mich zu dero Ehrwürden iederzeit befehlen thue.
Friesach den 29. Octobris Anno 1628.
Euer Ehrwürden dienstgevlißner
Georg Fischer
m. p."
(Quelle: Walter BRUNNER: Anfänge der bergmännischen Sprengtechnik in der Steiermark; in: Mitteilungen des Steiermärkischen Landesarchivs 33)

Über die Herkunft von Ruep Meytesperger ist leider nichts bekannt. Es ist aber anzunehmen, dass er vorher im näheren Umfeld von Caspar Weindl tätig war, da er so seine Kenntnisse als „Sprengkundiger“ sammeln konnte. Wichtig ist aber, dass in dem Brief sowohl die Verwendung von Bohrern als auch die Tiefe der Bohrlöcher erwähnt wird.


Wahrscheinlich durch die Abwanderung von protestantischen Bergleuten aus Graslitz, wurde diese Technologie in den Harz gebracht, wo im Jahr 1632 in Clausthal die erste Sprengung erfolgt sein soll. Entsprechende Abrechnungen für Pulver sind aber erst ab dem Jahr 1634 belegt.

„Das Bohren und Schießen ist zuerst Anno 1632 auf den Clausthalschen Bergwerken aufgekommen, anfangs aber gar sparsam gebraucht worden, wie daher abzunehmen, daß man vor dem 1634sten Jahre kein Pulver in den wöchentlichen Anschnitten (Bergrechnungen) berechnet findet, wie nachhero." (Calvör, H. (27))

„Dieses Schiessen ist vormals An. 1627. Aus Ungarn in Teutschland herein komen / uffn Größlatz / so dan nach dem Harz-Gebirge gebracht worden / von welchen Oerthen es sich allenthalben ausgebreitet hat.“ (Roessler, B. (05))


Von Clausthal aus verbreitete sich diese Technologie weiter und wurde durch Caspar Morgenstern nach Freiberg in Sachsen gebracht, wo sie im Jahr 1643 nachweislich angewendet wurde.

„Die Sprengarbeit in den Gruben ward, wie geschichtskundig, erst im Jahre 1627 aus Ungarn nach Teutschland versetzt, nach Gräßlit'z in Böhmen, kam von da auf den Harz und von diesem im Jahre 1643 durch Caspar Morgenstern nach Sachsen. Dieser Bergmann gab auf den Freyberger Gruben das Bohren mit eisernen Bohrern und Schießen zuerst an und beschäftigte sich anfangs blos neben der Schicht damit, indem man im Jahre 1644 z. B. auf der Grube Hohe Birke obere 9te bis l0te Maas im Quartal Reminiscere l n. 3 Gr. für 32 Zoll zu bohren nach seiner Schicht, sowie 6 Gr. für 2 Schichten die Löcher anzustecken (anzubrennen und wegzuschiessen) verschrieb. Im Jahre 1644 bis Ende 1652 gab sich Caspar Morgenstern sodann blos mit Bohren und Scbiessen auf genannter Grube ab, welchem Michael Eämler und Hans Werlich, nachdem Morgenstern ins Gnadengeld gesetzt worden, bis zum Jahre 1658. nachfolgten; von dieser Zeit an mußte jeder Häuer sein Loch bohren und anstecken und erhielt für jeden Schuß drei Groschen Schießgeld."
(Quelle: Christian Wilhelm Fridrich SCHMID, Kurze Geschichte der Erfindung der Meisnischen Bergwerke und der Entwicklung ihrer Technik, Freiberg (ungedruckt) aus dem Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen, Jahrgang 1908)

Durch Harzer und Sächsische Bergleute verbreitet sich das Schießen bis Mitte des 18. Jahrhunderts weiter über ganz Europa. Diese Technologie selber setzte sich aber nur sehr langsam, anfänglich als Unterstützung und später in Kombination mit der Schlägel- und Eisenarbeit durch. Ursachen für den schleppenden Einzug des Bohrens und Schießens waren neben politischen Gründen (30jähriger Krieg, Vertreibung und Pest, während dieser Zeit der Bergbau weitestgehende zum Erliegen kam) und der noch unausgereiften Technologie (unpraktische Bohrköpfe der Kronen- bzw. Kolbenbohrer), auch der hohe Personalbedarf (zwei- und dreimännisches Bohren) bei der Herstellung der großen Bohrlöcher sowie der nicht unerhebliche und teure Pulververbrauch. So wurde es lange Zeit, auch in großen Bergbaurevieren, nur auf einzelnen Gruben praktiziert und findet in der Literatur dieser Zeit kaum Erwähnung. So schreibt BAADER zur Freiberger Grube „Hohe Birke“ folgendes:
„Man trift hier noch auf alte Oerter, wo bey einer Höhe von ¾ Lachtern und des Ganges Mächtigkeit von 3 Zoll, 3 und 4 zweymännische drittehalb Zollstarke Bohrlöcher anstehen, und es lässt sich also leicht begreifen, wie gering der Nutzen gewesen seyn muß, den unter diesen Umständen die Sprengarbeit gewährte.
Die wichtigsten Verbesserungen waren unstreitig die Einführung einmännischer Böhrer und das Lettenschiessen. Wärend letzteres vom Harze hierher kam, haben die Harzer (nach Calvör) den einmännischen Bohrer von den Sachsen angenommen. Das Schiessen mit Zündern kam von Ungarn hierher.
Der Einbruch vor Ort wurde zwar lange schon durch Schießen gemacht, aber den Ausschram auf Gängen glaubte man nur mit der Schlägel –und Eisenarbeit machen zu müssen.“
(Quelle: D. BAADER der Jüngere: Beytrag zur Geschichte der Sprengarbeit in Sachsen, im Bergmännisches Journal 1790 von Alexander Wilhelm KÖHLER)

Erst mit der Reduzierung des Bohrlochdurchmessers konnte ab Ende des 17. Jahrhunderts auch einmännische Bohrlöcher hergestellt und somit auch der Pulver- und Personalbedarf reduziert werden. Im 18. Jahrhundert wurden statt der Kronen- bzw. Kolbenbohrer verbesserte Handbohrer mit Meißelköpfen verwendet.


Erwähnenswert ist ein Auszug aus der Churköllnischen Bergordnung vom 02. Januar 1669. Dort wird beschrieben, auf was die Steiger bei der Arbeit mit Pulver zu achten haben. Dabei wird auch erwähnt, dass die Häuer scheinbar schon länger vermehrt Bohren und Schießen und deswegen den Umgang mit Schlägel und Eisen nicht mehr so recht beherrschen. Dies kann man als Hinweis darauf deuten, dass das Schießen sich im Geltungsbereich dieser Bergordnung intensiv betrieben wurde.
„Vom Unterschied der Arbeit, mit Pulver
Weil die Stroßen in den Gruben unterschiedlich, soll jeder Grubensteiger seine Stroßen zum öftern bebauen, und deren Gelegenheit wohl betrachten, daß wo er einigen Vortheil haben vermeinet, da daselbst mit Schlägel und Eisen, oder mit Keilhauen, Keil, Stück und Eisen abzubrechen, soll er auf solchen Stroßen nicht straks bohren, und das Pulver unnöthiger Weise verschießen laßen, wie dann die Häuer seit dem das Schießen aufgekommen, sich der rechten Bergmanns-Arbeit, Schlägel und Eisen zu gebrauchen, und wie daßelbe anzubringen, entwöhnet, und nur auf das Bohren sich begeben, daß auch wohl vielmahl unnöthiger Weise geschossen, und an den Oertern eine Wand gesprengt wird, der wohl mit Gezäu Abbruch geschehen können.“ (Wagner, T. (28))

Ebenfalls in der Churköllnischen Bergordnung vom 02. Januar 1669 findet man eine Passage, die das Schießen aus dem Ganzen, also aus dem unveritzten Gebirge sowie die Verwendung von Patronen beschreibt.
„An den Stroßen nun, darinn kein Schram, sondern alles aus dem Ganzen, oder da die Löcher mit Hölzernen, oder ledernen Patronen geladen, und das Ertz aus dem Wasser geschossen werden müßte, sollen die Steiger sonderlich gute Vorsichtigkeit mit Anweisung der Löcher halten, daß sie nicht zu stark oder zu schwach in die Stroße gebohrt, …“ (Wagner, T. (28))


Das Schießen aus dem Ganzen hat sich wahrscheinlich in den Revieren, in denen das Schießen ab Mitte des 17. Jahrhunderts intensiver betrieben wurde, parallel entwickelt. Es ist auch zu vermuten, dass diese neue Art mit einem Technologiewechsel beim Bohren (einmännische Bohrlöcher, Einsatz von Meißelbohrern) einhergegangen sein könnte. Beim Schießen aus dem Ganzen wurde statt des Anlegens eines Schrams zuerst ein Bohrloch mittig im Bereich der Sohle aus dem unveritzten Gebirge geschossen und anschließend die Masse abgefördert. Über dem so entstandenen Einbruch wurde ein weiteres Bohrloch erstellt, besetzt und in den Hohlraum geschossen. Dieser Vorgang wiederholte sich, bis man die Firste erreicht hatte. Teilweise wurden auch mehrere Sprengladungen gleichzeitig oder verzögert zur Explosion gebracht. Die Stöße wurden anfänglich noch mit Schlägel- und Eisenarbeit hereingewonnen, später erfolgte der Vortrieb von Stolln und Strecken durch Sprengung auf dem ganzen Querschnitt und löste die Schlägel- und Eisenarbeit weitestgehend ab.

Wahrscheinlich ab dem zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts wurde diese Technologie auch in Sachsen angewendet und in der Stollnordnung des Kurfürst Friedrich August II. aus dem Jahr 1749 als das "nutzbarliche Schießen aus dem Ganzen" vorgeschrieben.

„Es soll auch, zu Erspahrung derer vielen Gedinge, und darzu erforderlichen grossen Auffwands, die kostbare Gewinnung des vesten Gesteines mit Schlägel und Eisen, so viel sich nach Beschaffenheit ieden Orts, ratione derer Wetter, thun lassen will, und äuserst möglich ist, abgeworffen und das nutzbarliche Schiessen aus dem gantzen eingeführet werden.

Wannenhero die Bergmeistere und Geschworne, solches sofort zu veranstalten, die Stolln- Schichtmeistere und Steigere aber fleißige und pflichtmäßige Aufsicht zu führen haben, damit sothanes Schiessen, statt des viele Zeit und Kosten wegnehmenden Schrämens, bey obigen und denenjenigen Stoll-Oertern, wo keine Ertze brechen, auch wo die Gewercken-Steigere selbst mit arbeiten, bewerckstelliget- und die Löcher zum Schiessen, wo es thunlich, mit einmännischen Bohrern gemachet werden mögen. Dahingegen

Vor solchen Oertern, wo das Schiessen nicht applicabel, und wegen des vesten Gesteines, der Einbruch auf das Tagwerk stärcker nicht, als zwey oder höchstens drey Zoll gemachet werden kann, zu ebenmäßiger Beförder- und Erleichterung der Arbeit, mehr als einmahl einzubrechen- und auf ieden solchen Einbruch, nicht allemahl gleicher Stoß zu halten ist.“ (König August III. (15))